Gespräch mit Thomas Masek | Co-Founder und Co-CEO bei Crossvertise – Experte für Digital Media & Advertising, Unternehmensstrategie und -finanzierung

Wege und Strategien in Zeiten von Krisen und Unsicherheit - staffboard Experten-Interviews

[München – 23.09.2022]

Wege und Strategien in Zeiten von Krisen und Unsicherheit. Wir fragen – HR-Expert:innen aus unterschiedlichen Disziplinen und Kontexten antworten.

Der thematische Rahmen der Sommer-Interviews 2022:
„Klimakatastrophe, Corona-Pandemie, Inflation, Krieg in Europa, Energiekrise – what‘s next? Strategie und (unternehmerisches) Handeln in unsicheren Zeiten“.

In diesen schnelllebigen, von starker Unsicherheit geprägten Zeiten ist die Informationsflut oft schwierig einzuordnen. Die reflektierten Perspektiven und Einschätzungen der Expert:innen sollen einen Beitrag dazu leisten, Zusammenhänge besser zu verstehen. Wo sind direkte Auswirkungen und substantielle Herausforderungen? Aber auch welche Strategien braucht es und wo ergeben sich Chancen? Gemeinsam wollen wir herausfinden, was wirklich wichtig ist in diesen gegenwärtigen Krisen – speziell für Organisationen und die Menschen, die sie gestalten.

Unser heutiges Experten-Gespräch ist mit Thomas Masek, Co-Founder und Co-CEO des jungen Münchner Unternehmens Crossvertise. Er ist Experte für Unternehmensstrategie und -finanzierung und arbeitet mit Crossvertise an der Digitalisierung der Medien- und Werbebranche, indem er Unternehmen dabei hilft, Werbung ganz einfach online zu buchen. 

“Es ist wahrscheinlich, dass sich die Lebensdauer von Unternehmen und Geschäftsmodellen verkürzt, wenn ständig wechselnde Krisen neue Herausforderungen mit sich bringen.

Was tun in Krisenzeiten bzw. von starker Unsicherheit geprägten Zeiten? Wir fragen HR Experten zu den Herausforderungen, Strategien und Chancen
(#13) … heute mit: Thomas Masek | Crossvertise


Anmerkung d. Red.: 
Mit der im Folgenden verwendeten Terminologie „kleinere Unternehmen/Organisationen“ sind vorrangig Startups und KMUs, aber auch Non-Profit-Organisationen in einer Beschäftigtengrößenklasse von bis zu 50 Mitarbeitenden gemeint.
Gleichwohl treffen viele der Aspekte aus der Umfrage auch auf deutlich größere Organisationen zu. Wir haben im Rahmen dieser Gesprächsreihe eine „mentale Grenze“ bei etwa 250 Beschäftigten gezogen, damit alle das gleiche verstehen, wenn wir von „kleineren Unternehmen“ sprechen. Denn aus unserer Perspektive bei staffboard sind Organisationen mit 500-1.000 Beschäftigten keinesfalls mehr klein… 😉


Bestandsaufnahme: „Raus aus der Krise, rein in die Krise?“

staffboard: Thomas, Du bist seit mehr als 10 Jahren als Unternehmer in der Werbung, einer lange Zeit sehr umsatzstarken, zuletzt aber auch gebeutelten Branche unterwegs.
Lass uns doch die letzten rund 2,5 Jahre einmal Revue passieren: Diese waren geprägt durch eine Ansammlung diverser Krisen, die teils nacheinander, teils parallel stattfanden. Kaum hatte man eine neue, schwierige Situation antizipiert oder einigermaßen gelöst, so schien es, kam schon die nächste Herausforderung mit neuen Unsicherheiten für Entscheider. 
Wie hast Du das wahrgenommen und bei Euch erlebt? 

Thomas Masek: Gerade als Startup, dass wir in der Anfangszeit waren, waren wir regelmäßig Krisen ausgesetzt. Diese Krisen hingen weniger von globalen Entwicklungen ab, haben uns aber gelehrt, mit Krisen umzugehen und insbesondere agil zu handeln. Insbesondere darin liegt der Kern, der uns durch die letzten zwei bis drei Jahre gebracht hat. Agil mit den Veränderungen umzugehen und auch unangenehme Maßnahmen, wie zum Beispiel Kurzarbeit schnell umzusetzen. Das heißt gleichzeitig Chancen wahrzunehmen und zu ergreifen. Dabei transparent mit dem Team und Kunden umzugehen, spielt für mich eine fast genauso große Rolle, wie die Maßnahmen selbst. Wir haben in der akuten Phase wöchentliche Gesamtteammeetings angesetzt, um unser Team ausreichend abholen zu können.

Das war bestimmt auch ganz schön anstrengend. Aber so habt Ihr natürlich aus Eurer vermeintlichen Schwäche als Startup eine gewisse Stärke entwickelt… Was meinst Du: Ist das jetzt die vielfach zitierte “neue Normalität”, also eine Krise und Herausforderung nach der nächsten? Oder ist es irgendwann auch mal gut?

Ich denke, dass jeder Unternehmer bis zu einem gewissen Grad auch ein Krisenmanager ist. Veränderungen und Krisen gab es bereits vor Corona. Mein Eindruck ist, dass die Auswirkungen von Corona und der aktuellen Energiekrise, Inflation und Rezessionsangst die Gesamtbevölkerung und Wirtschaft noch wesentlich breiter treffen als zum Beispiel die Finanzkrise. Dadurch entstehen mehr Implikationen für jede Person und jedes Unternehmen. Und es ist schwer, ein Ende abzusehen.

Trotzdem hat jede Krise für sich ein Ende und die heutige Situation ist eine andere als im März und April 2020 mit Corona. Manche Unternehmen stehen heute besser da, andere schlechter. In Summe ist es wahrscheinlich, dass sich die Lebensdauer von Unternehmen und Geschäftsmodellen verkürzt, wenn ständig wechselnde Krisen neue Herausforderungen mit sich bringen.

Jede überstandene Krise stärkt ein Unternehmen aber auch. Das zeigt sich an folgenden Aspekten:

  • Das Selbstbewusstsein steigt, nicht zuletzt, weil man diese Krise irgendwie gemeistert hat.
  • Andere Marktteilnehmer mussten während der Krise aufgeben und eröffnen die Chance auf neue Marktanteile.
  • Es wurden vielleicht Dinge angestoßen, die sowieso anstanden, in einer komfortablen Situation aber zu unangenehm waren. 

Wenn es um Pläne für die Zukunft geht, gehen wir in unserer Organisation von einer positiven Entwicklung aus, sind aber darauf eingestellt, schnell und konsequent zu reagieren, wenn etwas anders oder nicht nach Plan läuft.

“Im internationalen Vergleich bietet Deutschland überragende Möglichkeiten für Unternehmen und deren Mitarbeitende über Krisen hinwegzukommen.

Themenfeld: "Risiken, Herausforderungen und Auswirkungen der Krise"

Wenn wir dich als Unternehmer fragen, der – wie Du ja selbst schon angedeutet hast – bereits durch viele Krisen gegangen ist: Welche besonderen Herausforderungen siehst Du durch die aktuelle Lage gerade auf (kleinere) Unternehmen und Organisationen zukommen? 

Gerade kleine Unternehmen sind anfälliger, da sie meist eine kleinere Kapitaldecke haben, weniger diversifiziert sind und oft die Abhängigkeit von wenigen Kunden oder einer Kundengruppe besteht. Gleichzeitig können sie schneller und leichter auf Veränderungen reagieren. Dafür ist Mut und Kreativität erforderlich und nicht jeder Versuch wird funktionieren.

Unabhängig davon bietet Deutschland im internationalen Vergleich überragende Möglichkeiten für Unternehmen und deren Mitarbeitende über Krisen hinwegzukommen. Ein gutes Beispiel ist hier die Kurzarbeit. Gleichzeitig ist es leider auch unglaublich bürokratisch, entsprechende Möglichkeiten zu nutzen. Auch wir haben Kurzarbeit genutzt, als zu Beginn von Corona Umsätze zunächst eingebrochen sind. Das hat uns Zeit verschafft, andere Maßnahmen anzustoßen, die uns letzten Endes über die Krise hinweggebracht haben.

“Viele Mitarbeitende stellen sich die Frage, wie sicher der eigene Arbeitsplatz noch ist. Als Führungskraft ist es allerdings kaum möglich,
ein Versprechen zur Arbeitsplatzsicherheit abzugeben.”

Themenfeld: „Menschen, Führung und Rolle von HR“

Was macht diese Situation mit den Menschen? Was braucht es für Führungskräfte und Mitarbeitende in (kleineren) Unternehmen/Organisationen, um zielgerichtet damit umzugehen?

Natürlich sorgt das für Verunsicherung bei den Mitarbeitenden. Viele stellen sich die Frage, ob der eigene Arbeitsplatz noch sicher ist. Als Führungskraft ist es allerdings kaum möglich ein Versprechen zur Arbeitsplatzsicherheit abzugeben.

Wir haben uns dazu entschieden, alles dafür zu tun, keine Kündigungen aussprechen zu müssen und das auch ins Team kommuniziert. Zusätzlich haben wir aufzeigt, was jeder Einzelne beitragen kann, um das Unternehmen durch die Krise zu bringen. Ich habe den Eindruck, dass wir so einen Fokus auf die relevanten Themen schaffen konnten

Wie bewertest Du die Rolle von HR (Human Resources / Human Relations / Personalwesen), insbesondere in (kleineren) Unternehmen/Organisationen? Was kann – oder sogar: muss – HR tun, um hier bewusst gegenzusteuern und die Organisation „fit für die Zukunft“ zu machen?

HR ist gemeinsam mit der Unternehmensführung die zentrale Schnittstelle zwischen Unternehmen und Mitarbeitenden. Da gerade in Zeiten schneller Veränderung eine transparente und mitnehmende Kommunikation entscheidend ist, ist HR besonders gefordert. Mir ist wichtig zu betonen, dass die Kommunikation dabei nicht „nur“ Top-Down gerichtet sein darf, sondern Mitarbeitende aktiv eingebunden, Bedenken und Sorgen gehört und kanalisiert werden müssen. Diese Aufgabe ist immer wichtig, aber in Krisenzeiten entscheidend, ob die Mitarbeitenden den Weg des Unternehmens mitgehen. 

Was bedeutet all das für den Bereich HR? Welche speziellen HR Herausforderungen siehst Du?

Natürlich ist es wichtig sich auf wertschöpfende Aufgaben fokussieren zu können und nicht in administrativen Prozessen zu ersticken. Hier können digitale Tools und integrierte Prozesse helfen.

Auf der anderen Seite sind in kleinen Unternehmen „Digitalisierung“ und „Krisenkommunikation“ kaum in einer Stellenausschreibung für HR-Mitarbeiter zu finden. Das liegt unter anderem daran, dass in KMUs die HR-Arbeit meist vom Geschäftsführer selbst oder nur einer Person gemacht wird. Da gibt es einfach zu viele andere Themen, die wichtig sind. An zusätzliche Anforderungen denkt man dann nicht und es erschwert wahrscheinlich den Auswahlprozess, wenn man es ernst meint…

Kommen wir nun zum Thema Leadership: Welche Rolle spielt es in Eurer Organisation? Findest Du, dass sich das bei Euch zuletzt in irgendeiner Weise verändert hat? 

Ja, auf jeden Fall. Gerade der große Anteil an Remote-Arbeit erschwert einen schnellen, offenen Austausch. Hier gilt es neue Wege zu finden, die die kurze Begegnung auf dem Flur oder einen informellen Austausch in der Kaffeeküche ersetzen. Ich persönlich versuche strukturiert auch ohne konkrete Agenda mit möglichst vielen Kollegen in Kontakt zu kommen. Leider fällt das trotzdem im täglichen Neupriorisieren viel zu oft runter.

Remote-Arbeit setzt auch Vertrauen voraus und erschwert zum Teil klassische Management Frameworks und Top-Down Ansätze. Wir haben bereits vor Corona das OKR-Framework eingeführt, das sich für uns sehr bewährt hat. Die/der jeweilige Mitarbeitende ist Experte für den eigenen Bereich und kann am besten beurteilen, woran gearbeitet werden sollte. Dieses Know how nutzen wir und ermöglichen es damit, den Mitarbeitenden ihr eigenes Arbeitsumfeld und das Unternehmen direkt weiterzuentwickeln. Gleichzeitig wissen die Mitarbeitenden, warum sie an etwas arbeiten und woran andere arbeiten. Das schafft Verständnis für die Kolleginnen und Kollegen und das „große Ganze“.

“Ich glaube nicht, dass Digitalisierung direkt helfen kann. […] Digitale Tools und Prozesse können aber nützlich sein, Daten für Analysen bereitzustellen oder manuelle Aufwände zu verringern, damit man sich auf die (in der Krise) wesentlichen Dinge fokussieren kann.

Themenfeld: "Mindset, Kompetenzen und (Einfluss der) Digitalisierung"

Welches Mindset bzw. Einstellung und welche Kompetenzen benötigen (kleinere) Unternehmen/Organisationen, um gestärkt aus Krisensituationen hervorzugehen und erfolgreich unter Unsicherheit zu agieren? 

In gewisser Weise kann ich mich hier nur wiederholen: Ausschlaggebend sind für mich vor allen Dingen Agilität, eine gute Kommunikation zu Mitarbeitern und Kunden. Was man definitiv auch nicht außer Acht lassen darf ist eine gewisse Positivität und Zuversicht, dass man es schaffen wird – das strahlt natürlich auch auf das Umfeld und das Team ab. 

Welche Bedeutung kann Digitalisierung spielen, um Antworten in Krisensituationen zu finden? 

Ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass Digitalisierung direkt helfen kann. Eine Krise ist zunächst immer mindestens eine Abweichung vom Normalzustand, eine Veränderung der Rahmenparameter, mit der man nicht gerechnet hat und für die es keine bis kaum Vergleichsdaten gibt.

Digitale Tools und Prozesse können nützlich sein, Daten für Analysen bereitzustellen oder manuelle Aufwände zu verringern, damit man sich auf die (in der Krise) wesentlichen Dinge fokussieren kann. Aber: Entscheidungen in der Krise sind mehr als zu anderen Zeitpunkten Entscheidungen unter Unsicherheit.

Je nach Art der Digitalisierung kann sie im zweiten Schritt dazu beitragen, Entscheidungen schnell in die Tat umzusetzen. Allerdings kann sie sogar zu einer Verzögerung führen, da Menschen sich meist schneller umstellen können als Systeme umgestellt werden können. 

“Auf der globalen Ebene hat Corona die Digitalisierung vorangebracht, da sich Unternehmen auf eine zunehmend digitale Zusammenarbeit umstellen mussten.”

Themenfeld: "Chancen und Ausblick"

Lass uns eine bekannte Plattitüde bemühen: Gemeinhin heißt es, dass jede Krise auch eine neue Chance mit sich bringt. Wie bewertest Du das in diesem Kontext? Ist das überhaupt möglich? Welche Chance(n) diehst Du und warum? 

Corona hat für viele Unternehmen und Mitarbeitende die Möglichkeit für Remote- und Homeoffice eröffnet. Größere Entfernungen vom Wohn- zum Arbeitsort sind nun einfacher geworden. Damit sind einige Vorteile verbunden, zum Beispiel sind mehr Raum oder geringere Mietausgaben möglich und weniger Zeit des Transits kann die Chance auf mehr freie Zeit bedeuten.

Auf der globalen Ebene hat Corona die Digitalisierung vorangebracht, da sich Unternehmen auf eine zunehmend digitale Zusammenarbeit umstellen mussten.

Auch die aktuelle Situation kann Chancen bieten. Steigende Energiepreise können zu einem Umdenken im Umgang mit Energie führen und neue Wege der Energieerzeugung finanzierbar machen oder sogar hervorbringen. Im Hinblick auf den Klimawandel kann es mittelfristig genau das sein, was wir brauchen… 

Thomas, danke für Deine wertvollen Einblicke als Unternehmer. Es ist spannend zu sehen, wie Ihr aus der „Not“ als Startup, konstant unter Unsicherheit zu agieren und mit der Erfahrung der Krisen der Anfangszeit, eine „Tugend“ gemacht habt. Damit konntet Ihr Euren Mitarbeitenden Sicherheit bieten und die Organisation im Gesamten stärken. Das zeigt einmal mehr, welche überragende Bedeutung die Gründer und Geschäftsführer gerade auch im Kontext HR haben.

Informationen zum Gesprächspartner

Experte Thomas Masek | Crossvertise GmbH

Thomas Maseks Expertise und fachlich-inhaltlicher Hintergrund: 

  • (Serial) Entrepreneur im Bereich Digital, Technologie, Media, Werbung
  • Digitalisierung (von Unternehmensprozessen)
  • Unternehmensstrategie
  • Unternehmensfinanzierung
  • Aufbau und Skalierung von HR Prozessen und Organisationsstrukturen

Über unseren heutigen HR Experten: 

Mein Name ist Thomas Masek und ich bin Mit-Gründer und Co-CEO der crossvertise GmbH aus München. Auf unserer Buchungsplattform crossvertise.com können Unternehmen und Agenturen alle Werbemedien vergleichen, direkt planen und buchen. Darüber hinaus entwickelt unser Team erfahrener Mediaberater und Mediaberaterinnen unter der Mediaagentur-Marke crossadvise individuelle Media-Strategien und übersetzt diese in wirkungsvolle Werbekampagnen.

Meine operativen Schwerpunkte im Unternehmen sind die Umsetzung der Werbekampagnen unserer Kunden sowie HR und Finance. Vor der Gründung der crossvertise GmbH im Jahr 2011 war ich unter anderem als selbstständiger Berater in der Automobilindustrie tätig.

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