Wege und Strategien aus der Krise – Experten-Interview mit Dr. Marc Maisch | MAISCH MANGOLD SCHWARTZ Rechtsanwälte

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[München – 07.04.2020] Wir fragen – HR-Experten mit diversen fachlichen Hintergründen antworten. Diese reflektierten Perspektiven und Einschätzungen sollen ein Stück weit dabei helfen, die aktuell für viele unübersichtliche Situation im Zuge der Corona-Krise und die damit verbundene Informationsflut etwas besser zu sortieren: Was sind direkte Auswirkungen, substantielle Herausforderungen, aber auch welche Strategien braucht es und wo ergeben sich Chancen. Es gilt, für uns alle besser zu verstehen, was nun wirklich wichtig ist – speziell für Startups und KMU, aber auch für andere Organisationen. 

Ich habe Angst vor einer neuen Welle von Angriffen auf IT-Systeme – gerade jetzt, wo “hopplahopp” Arbeitnehmer Home Office machen sollen. Wer ist richtig geschult? Wie kann sichergestellt werden, dass die Sicherheit des Unternehmens nicht im Home Office aufs Spiel gesetzt wird?

Was tun in der Corona-Krise? Wir fragen HR Experten zu den Herausforderungen, Strategien und Chancen 
(12) … heute mit: Dr. Marc Maisch von MAISCH MANGOLD SCHWARTZ Rechtsanwälte

Anmerkung: Mit der im Folgenden verwendeten Bezeichnung “kleinere Unternehmen” sind primär Startups, KMU und auch Non-Profit-Organisationen in einer Beschäftigtengrößenklasse von bis zu 50 Mitarbeitern gemeint. Gleichwohl treffen die von den Experten genannten Aspekte vielfach auch auf größere Organisationen mit mehreren Hundert oder Tausend Beschäftigten zu. 

Themenfeld: "Risiken, Herausforderungen und Auswirkungen der Krise"

staffboard: Marc, Du bist bundesweit tätiger Rechtsanwalt mit Schwerpunkt IT Recht: Welche Herausforderungen siehst Du durch die aktuelle Corona-Krise auf (kleinere) Unternehmen zukommen, speziell im Kontext Deiner Expertise? 

Dr. Marc Maisch: Ich habe Angst vor einer neuen Welle von Angriffen auf IT-Systeme – gerade jetzt, wo “hopplahopp” Arbeitnehmer Home Office machen sollen. Wer ist richtig geschult? Wie kann sichergestellt werden, dass die Sicherheit des Unternehmens nicht im Home Office aufs Spiel gesetzt wird? 

Wir haben einen Mandanten (KMU) beraten, der erst vor einem Jahr größte Vermögenseinbußen und Schäden hinnehmen musste, weil die IT nicht richtig gegen Verschlüsselungstrojaner abgesichert war. Nun kann der zweite Angriff und wieder wurden alle Datenbestände verschlüsselt. Know-how, Kundendaten, Steuerdaten … alles weg. Und das jetzt, wo wir uns auf die Post-Corona-Zeit vorbereiten. Hinzu kommt noch ein Bußgeld für Datenschutzverstöße durch die Aufsichtsbehörde, die besonders in Wiederholungsfällen keine Gnade kennt. Hier werden wir verhandeln, um die (Datenschutz-)”Kuh vom Eis” zu holen. Die Techniker und IT-Forensiker werden aber noch Monate brauchen, um die IT wiederherzustellen – wird das unser Mandant überstehen? 

(2) Warum ist das aus Deiner Sicht “mission critical” für viele (kleinere) Unternehmen und damit potentiell gefährlich für deren Fortbestehen? 

IT-Sicherheit schützt die wirtschaftliche Handlungsgrundlage für jedes Unternehmen. Fällt die IT aus, dann geht nichts mehr. Ich halte Gefahren für die IT-Sicherheit und die damit verbundenen Risiken für Compliance Verstöße zu haften, für “mission critical”. Kleinere Unternehmen sind derzeit noch härter von Umsatzeinbußen, laufenden Kosten (v.a. Mieten und Lohnkosten) betroffen und stehen mit dem Rücken zur Wand. Alles, was dann zusätzlich Handlungsspielräume nimmt, halte ich für besonders kritisch.

“Unternehmer sollten Sofortmaßnahmen in diesen vier Handlungsfeldern prüfen: 

1) Tägliche Backups wichtiger Daten machen. 
2) Home-Office-Klauseln als Zusatzvereinbarung im Arbeitsvertrag aufnehmen. 
3) Mitarbeiter auf die Gefahren im Home Office sensibilisieren. 
4) Eventuell Zahlungsverpflichtungen neu verhandeln.”

Themenfeld: "Mitarbeiter, Führung und HR"

Was macht diese Situation mit den Menschen? Was braucht es, um zielgerichtet damit umzugehen?

Betriebe geraten unter Druck – jeder für sich. Es ist daher besonders wichtig, sich mit seinen Partnern zu verständigen, Stundungen oder Rabatte zu verhandeln und sich in kritischen Fragen (weiterhin) von externen Spezialisten beraten zu lassen. 

Wie bewertest Du dabei die Rolle von HR (Human Resources / Human Relations / Personalwesen)? Was kann – oder sogar: muss – HR tun, um eventuell gegenzusteuern und die Organisation weiter zu stabilisieren? 

Die Krise sorgt für Unruhe unter Arbeitnehmern. HR hat daher die Pflicht, den Sorgen und Nöten der Belegschaft zu begegnen und transparent mit der Krise umzugehen. Sicher ist derzeit vieles unklar, aber Angst war noch nie ein guter Ratgeber.

Themenfeld: "Digitalisierung, Kompetenzen und Mindset"

Die Gemengelage ist kompliziert und herausfordernd: Welche Sofortmaßnahmen können (kleinere) Unternehmen direkt ergreifen, um weiterhin handlungsfähig zu bleiben? Gibt es eventuell ganz konkrete Handlungsanweisungen speziell aus Deiner Perspektive? 

Ich möchte vor allem auf vier aus meiner Sicht ganz wesentliche Punkte eingehen: 

  1. Tägliche Backups aller wesentlicher Datenbestände sind Pflicht!
  2. Home-Office-Klauseln können als Zusatzvereinbarung in Arbeitsverträgen geregelt werden, um die rechtlichen Grenzen zu definieren. Dazu gehört auch, die Arbeitnehmer zur Einhaltung von Datenschutz- und Datensicherheitsmaßnahmen zu verpflichten. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (kurz: BSI) gibt dazu auch regelmäßig aktuelle Hinweis heraus und zudem sehr nützliche Tipps für sicheres mobiles Arbeiten
  3. Mitarbeiter – v.a. in Bezug auf die Gefahren durch Home Office – sensibilisieren. 
  4. Prüfen, welche Zahlungsverpflichtungen neu verhandelt werden können, z.B. Gewerberaummiete, Lieferantenverträge: Nicht bezahlen führt zu Verzug! Lassen Sie sich ggf. von einem Rechtsanwalt beraten, um auf der sicheren Seite zu sein.


Welches Mindset bzw. Einstellung und welche Kompetenzen brauchen (kleinere) Unternehmen, um gestärkt aus dieser Krisensituation hervorzugehen? Und wie zeigt sich das konkret?

Die Corona-Krise hat uns gezeigt, dass nichts selbstverständlich ist. Gerade kleinere Unternehmen sind gezwungen, neue Tätigkeitsfelder zu entdecken und sich mit neuen Technologien zu befassen. Ich nehme mich da gar nicht aus – gestern habe ich das erste Mal einen Vortrag über ein Live-Webinar-Tool gehalten, das war auch eine neue Erfahrung für mich.  

Wie beurteilst Du die Rolle der Digitalisierung, um Antworten in der Krise zu finden? Welchen Mehrwert bieten beispielsweise digitale HR-Lösungen?

Digitale HR-Lösungen können dabei helfen, HR-Prozesse schlanker, effektiver und kostengünstiger zu gestalten. Recruiter suchen Arbeitnehmer bedarfsgerecht – man spart sich Kosten für Anzeigen und Korrespondenzen.

#Staystrong – gemeinsam werden wir auch diese Krise meistern. Bleiben Sie stark und offen für Kommunikation und Verhandlungen mit ihren Partnern, um langfristige Geschäftsbeziehungen zu erhalten – statt kurzfristig die Notbremse zu ziehen. Offene Worte helfen, um vernünftige Lösungen für beide Seiten zu erzielen.

Themenfeld: "Chancen, Gewinner und Ausblick"

Lass uns eine Plattitüde bemühen: Gemeinhin heißt es, dass jede Krise auch neue Chancen mit sich bringt. Wie bewertest Du das in diesem Kontext? Welche Chancen siehst Du und warum? 

Die Krise sorgt auf jeden Fall dafür, die Digitalisierung von Prozessen voranzutreiben. Home Office und Mobile Office, aber auch “Virtuelle Assistenten”, also Outsourcing von Arbeitskräften ist salonfähig geworden. Videokonferenzen können auch KMU entlasten und  könnten in Zukunft die Work-Life-Balance auch in kleineren Betrieben verbessern. 

Auch wenn Du kein Hellseher bist interessiert uns Deine Einschätzung: Welche Unternehmen bzw. Branchen werden aus Deiner Sicht am meisten profitieren, wenn die Krise wieder vorbei ist und so etwas wie “Normalität” einkehrt? 

Ich denke, dass alle profitieren werden, die ihre Produkte und Dienstleistungen digital anbieten – ich könnte mir vorstellen, dass ich lieber mit einem Schreiner vorab über Microsoft Teams im Video Call bespreche, wie ein Schrank aussehen soll, als ewig lang zu telefonieren oder E-Mails hin und her zu schicken. 

Welche Botschaft möchtest Du den Lesern noch mit auf den Weg geben, über die sie nachdenken sollten? 

#Staystrong – gemeinsam werden wir auch diese Krise meistern. Bleiben Sie stark und offen für Kommunikation und Verhandlungen mit ihren Partnern, um langfristige Geschäftsbeziehungen zu erhalten – statt kurzfristig die Notbremse zu ziehen. Offene Worte helfen, um vernünftige Lösungen für beide Seiten zu erzielen.

Über unseren heutigen HR Experten: 

Hello world! Mein Name ist Marc Maisch und ich bin einer der Partner bei MAISCH MANGOLD SCHWARTZ Rechtsanwälte. Als Rechtsanwalt für Datenschutz- und IT-Recht bin ich in der digitalen Welt zuhause. Ich berate bundesweit zu allen Fragen, die sich rund um das Internet und Informationstechnologien stellen, z.B. Erstellung von Verträgen für App-Entwicklung genauso wie Überprüfung von Social Media Werbekampagnen. Leidenschaftlich gerne halte ich Vorträge über die Gefahren von Cybercrime und Identitätsdiebstahl. Bei Fragen melden Sie sich jederzeit gerne bei mir 😉

Dr. Marc Maischs Expertise und fachlich-inhaltlicher Hintergrund: 

  • IT-Recht (alle Fragen rund um Internet, Apps, Social Media, AGB/ Verträge)
  • Datenschutz & Datenschutzrecht 
  • Arbeitsrecht 
  • Unternehmensstrategie
  • Beratung von Unternehmen in (wirtschaftlichen) Krisensituationen 
  • Digitalisierung (von Unternehmensprozessen) 

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